Mahnwesen – Was du tun kannst, wenn deine Kund:innen in Verzug sind
Rechnungen schreiben ist schön – solange sie dann auch bezahlt werden. Das Mahnverfahren hilft, ausstehende Zahlungen einzutreiben. Was das ist und wie es abläuft, erfährst du hier.
Das Wichtigste im Überblick
Es gibt ein gerichtliches und ein außergerichtliches Mahnwesen.
In der Regel besteht das Mahnwesen aus einer Zahlungserinnerung und bis zu drei Mahnungen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.
Im Rahmen des Mahnwesens können Mahngebühren und Verzugszinsen erhoben werden.
Definition: Was ist das Mahnwesen?
Der Begriff Mahnwesen hat zwei Bedeutungen:
Zum einen beschreibt er den Vorgang, fällige Forderungen einzutreiben.
Zum anderen wird der gesamte Bereich innerhalb eines Unternehmens, der sich um Fakturierung und Forderungsmanagement kümmert, als Mahnwesen bezeichnet.
Konkret geht es also darum, offene Rechnungen mithilfe von Zahlungserinnerungen und Mahnungen einzutreiben.
Eine Mahnung ist die eindeutige und bestimmte Aufforderung des Gläubigers, dass er die geschuldete Leistung innerhalb einer bestimmten Frist verlangt.
Außergerichtliches Mahnverfahren vs. gerichtliches Mahnverfahren
In der Praxis gibt es zwei verschiedene Arten von Mahnwesen, die aufeinander aufbauen.
Außergerichtliches Mahnverfahren
Um das außergerichtliche Mahnwesen kümmert sich das Unternehmen, das die offenen Forderungen eintreiben möchte, selbst: Es sendet Zahlungserinnerungen und Mahnungen an Kund:innen, verlangt Mahngebühren und Verzugszinsen und droht schließlich mit rechtlichen Folgemaßnahmen.
Gerichtliches Mahnverfahren
Ist das außergerichtliche Mahnwesen erfolglos, kann das gerichtliche Mahnwesen folgen. Das Unternehmen beantragt dann einen gerichtlichen Mahnbescheid. Legt der/die Schuldner:in keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, ist die Forderung mithilfe von Gerichtsvollzieher:innen vollstreckbar.
Kommt es jedoch zum Widerspruch, wird das ganze ein bisschen komplizierter – die letzte Möglichkeit ist dann ein gerichtliches Klageverfahren. Dabei fallen allerdings Gerichts- und Anwaltskosten an – und das kann teuer werden.
Die 5 Phasen eines effektiven Mahnwesens
Damit du dir noch besser vorstellen kannst, wie das gesamte Mahnverfahren in der Praxis aussieht, werfen wir nun einen Blick auf den typischen Ablauf.
1. Zahlungserinnerung
Forderungen aus Rechnungen sind gemäß BGB grundsätzlich sofort fällig. Wird kein anderes Zahlungsziel genannt, haben Rechnungsempfänger gemäß § 286 BGB 30 Tage Zeit, die Rechnung zu bezahlen. Natürlich sind auch abweichende Zahlungsziele möglich.
Allerdings ist ein verpasstes Zahlungsziel kein Grund, sofort eine erboste Mahnung zu senden. Eine Zahlungserinnerung ist ein Service, der Kund:innen höflich an die vergessene Zahlung erinnert, falls sie sie schlicht vergessen haben.
Zahlungserinnerungen sind deswegen in der Regel freundlich formuliert. Du kannst sie per E-Mail oder Brief versenden und sogar mündlich aussprechen. Wichtig ist, dass du ein neues Zahlungsziel nennst, zum Beispiel 14 Tage später.
Übrigens: Eine Zahlungserinnerung wird rechtlich auch als erste Mahnung anerkannt. Du kannst Stufe 1 und Stufe 2 also zusammenlegen, wenn du möchtest.
2. Erste Mahnung
Erhältst du nach Verstreichen der Frist aus der freundlichen Zahlungserinnerung noch immer keine Zahlung, wird es Zeit für die erste Mahnung.
Statt „Zahlungserinnerung“ in den Betreff zu schreiben, platzierst du dafür die Bezeichnung „Mahnung“ im Anschreiben. Allein dadurch verleihst du der Forderung mehr Nachdruck. Hinzu kommen ein bestimmterer Ton sowie eine neue Frist.
Im Idealfall versendest du die Mahnung per Post, wenn du ganz sicher gehen möchtest, sogar als Einschreiben. Dadurch kann die empfangende Person oder das Unternehmen später nicht behaupten, es wäre nie eine Mahnung angekommen.
Mahngebühren oder Verzugszinsen sind in der ersten Mahnung noch nicht üblich.
3. Zweite Mahnung
Rein rechtlich ist schon nach der ersten Mahnung ein gerichtliches Mahnverfahren möglich. In der Praxis folgen jedoch häufig noch eine zweite und dritte Mahnung.
In der zweiten Mahnung setzt du erneut eine Zahlungsfrist, zum Beispiel 14 Tage nach Versand. Hinzu kommen Mahngebühren.
4. Letzte Mahnung
Bleibt die Zahlung weiterhin aus, folgt eine dritte und letzte Mahnung. Hier formulierst du eher scharf und weist auf die anstehenden rechtlichen Schritte im Rahmen des gerichtlichen Mahnwesens hin.
Um der letzten Mahnung noch mehr Nachdruck zu verleihen, ist ein verkürztes Zahlungsziel von 7 Tagen üblich. Zudem kannst du noch einmal Mahngebühren erheben. Bei der dritten Mahnung ist es außerdem üblich, Verzugszinsen zu berechnen – also eine Verzinsung des ausstehenden Betrags für die Dauer des Verzugs.
5. Antrag auf Mahnbescheid und gerichtliches Mahnwesen
Bleibt auch die dritte Mahnung erfolglos, kannst du das gerichtliche Mahnwesen anstoßen. Dafür stellst du online einen Antrag auf Mahnbescheid. Deine versendeten Mahnungen dienen dabei als Beweis für den Verzug.
Das Unternehmen oder die Person erhält daraufhin einen Mahnbescheid. Dagegen kann Widerspruch eingelegt werden. Bleibt der Widerspruch aus, besteht das Recht, die Vollstreckung der ausstehenden Summe durch den Gerichtsvollzug zu veranlassen.
Erfolgt jedoch ein Widerspruch, bleibt nur noch der Rechtsweg – also die Einklage der ausstehenden Forderung vor Gericht.
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Digitalisierung des Mahnwesens: Chancen und Herausforderungen
Du siehst also: Ein kundenfreundliches Mahnwesen mit Zahlungserinnerung und mehreren Mahnungen ist ein großer Aufwand – vor allem, wenn jede Mahnung manuell von Mitarbeitenden erstellt, versendet und nachverfolgt werden muss.
Es lohnt sich daher, das gesamte Mahnwesen zu automatisieren.
Spezielle Tools für das Forderungsmanagement überprüfen Zahlungsfristen und erstellen und versenden Mahnungen automatisiert. Auch manche ERP-Systeme verfügen über ein automatisiertes Mahnwesen, zum Beispiel Xentral ERP.
Das hat gleich mehrere Vorteile:
Effizienz: Es sind kaum manuelle Eingriffe notwendig.
Schnellere Zahlungseingänge: Da alle Rechnungen, Zahlungserinnerungen und Mahnungen sofort bei Fälligkeit erstellt und versendet werden, geht keine Zeit verloren – egal, wie viel gerade los ist. Dadurch ist das Geld schneller auf dem Konto.
KI-gestützte Analysen: Einige Tools verfügen über eine Künstliche Intelligenz, die automatisch Bonitätsprüfungen und Risikoanalysen durchführt.
Postversand möglich: Viele Systeme versenden die Mahnungen wahlweise per Post oder per E-Mail – dadurch entscheidest du selbst über Datensicherheit und Beweiskraft.
Mahngebühren: Wie hoch dürfen sie sein?
Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Regelung für die Höhe der Mahngebühren. Zu hohe Gebühren können jedoch in einem späteren Rechtsstreit als unverhältnismäßig abgelehnt werden.
Üblich sind:
2,50 € oder 5 € bei der zweiten Mahnung
10 € bei der dritten Mahnung
Hinzu kommen bei der dritten Mahnung Verzugszinsen. Die Höhe des Zinssatzes orientiert sich am Basiszinssatz. Bei Verbrauchern betragen die Verzugszinsen üblicherweise Basiszins + 5 %, bei gewerblichen Kund:innen üblicherweise Basiszins + 9 %.
Beispiel: Im Juli 2024 liegt der Basiszinssatz bei 3,37 % – der Verzugszins für Verbraucher beträgt also 3,37 % + 5 % = 8,37 % pro Jahr.
Kundenorientiert mahnen – warum ist das wichtig?
Rechtlich betrachtet darfst du schon nach der ersten Mahnung das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. Auch eine freundliche Zahlungserinnerung ist nicht rechtlich verpflichtend.
Dein Mahnwesen ist aber zugleich ein Service für deine Kund:innen – und der soll schließlich so gut wie möglich sein. Nur, weil Kund:innen mal eine Zahlung vergessen, sind sie nicht direkt zahlungsunwillig. Vielleicht sind sie gerade krank, im Urlaub oder einfach im Stress. Gleiches gilt für Unternehmen, die in Verzug geraten.
Mit einem kundenorientierten und freundlichen Mahnwesen hebst du dich vom Wettbewerb ab und zeigst dich kulant – dadurch stärkst du die Kundenbeziehung. Mit einem automatisierten Mahnwesen verursacht es für dich zudem kaum Mehrkosten, drei Mahnungen zu versenden.
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FAQ
Du darfst eine Mahnung schreiben, sobald das erste Zahlungsziel verstrichen ist. Falls du kein Zahlungsziel auf der Rechnung vermerkt hast, sind das 30 Tage.
Im Idealfall sendest du aber nicht direkt eine Mahnung, sondern erstmal eine freundliche Zahlungserinnerung – vielleicht wurde die Zahlung einfach vergessen.
Das gerichtliche Mahnverfahren kannst du frühestens nach der ersten Mahnung einleiten. Üblicherweise wird der Mahnbescheid jedoch erst nach der dritten Mahnung beantragt.
Einen Mahnbescheid zu beantragen, ist ein standardisierter Prozess, den du auch ohne Rechtsbeistand online durchführen kannst. Das ist immer dann sinnvoll, wenn Aufwand und Forderungssumme für dich im Verhältnis stehen.
Auch im B2B-Geschäft kannst du das außergerichtliche und das gerichtliche Mahnwesen einleiten, wenn das beauftragende Unternehmen in Verzug gerät. Im Vergleich zum Mahnwesen im Verbrauchergeschäft können die Verzugszinsen dabei höher ausfallen. Das gilt auch im B2B-e-Commerce. Im Vergleich zum Mahnwesen im Verbrauchergeschäft sind die Vorschriften und Möglichkeiten im B2B-Mahnwesen weniger kundenfreundlich. Darunter sind höhere Mahngebühren und Verzugszinsen – das gilt auch für den B2B-e-Commerce.
Viele Systeme für das Mahnwesen ermöglichen den automatischen Versand von Mahnungen per Post. Dadurch hast du auch bei einer Überführung in das gerichtliche Mahnverfahren rechtssichere Beweise für das Mahnverfahren.
Achte bei der Auswahl des Systems zudem auf DSGVO-Konformität, um auch in Bezug auf Datenschutz auf der sicheren Seite zu sein.
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