Konsignationslager: Definition, Funktion und Tipps für die Implementierung

Erfahre mehr über die Hintergründe eines Konsignationslagers, welche Vor- und Nachteile dieses bietet und was du beachten solltest!

Blick in eine helle, weiß ausgekleidete Lagerhalle in der in einem Block-Design einige Regal mit Paketen stehen. Wir zeigen dir, was sich hinter einem Konsignationslager verbirgt und was du bei der Implementierung beachte solltest!
Elisabeth Büschler

Erfahre mehr über die Hintergründe eines Konsignationslagers, welche Vor- und Nachteile dieses bietet und was du beachten solltest!

In der Produktion gibt es immer wieder Güter, die du besonders schnell und häufig brauchst. Wäre es nicht wahnsinnig beruhigend, wenn diese Waren immer verfügbar und in unmittelbarer Nähe zu deinem Standort wären? Mit dem Konsignationslager hat sich genau für diesen Fall eine eigene Form der Lagerung etabliert. In diesem Beitrag wollen wir das Konsignationslager erklären und dir zeigen, wann und wie du ein solches Lager implementieren solltest.

Was ist ein Konsignationslager?

Ein Konsignationslager ist ein Lager für Teile oder Waren, das von einem Lieferanten (Konsignant) in der Nähe oder sogar direkt auf dem Gelände seines Abnehmers (Konsignator) eingerichtet wird. Das Hauptziel eines solchen Lagers besteht darin, eine schnelle Verfügbarkeit der benötigten Teile sicherzustellen. Der Lieferant bleibt dabei Eigentümer der gelagerten Waren.

Funktionsweise von Konsignationslagern

„Konsignation“ ist ein Rechtsbegriff, der ursprünglich aus der Materialwirtschaft stammt. Er beschreibt eine spezielle Form der Lieferung von Gütern. Erst wenn der Abnehmer die im Konsignationslager befindlichen Waren entnimmt, geht das Eigentum auf ihn über. Bis dahin gilt der Lieferant als Eigentümer – sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Das Konsignationslager ist durch eine räumliche Nähe zum Abnehmer gekennzeichnet. Gerade für Unternehmen auf internationalen Märkten ist diese Form der Lagerung besonders attraktiv: Sie sorgt dafür, dass Kund:innen im Ausland schnell und auf kurzem Wege beliefert werden können. Wenn du dein Unternehmen internationalisieren möchtest, solltest du die Einrichtung eines Konsignationslagers in Betracht ziehen!

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Rechtliches: Konsignationslager und ihre steuerlichen Besonderheiten in der EU

Angesichts des Überganges von Eigentum und der möglichen Verbringung von Waren im Ausland fragst du dich vielleicht, wie es um die rechtliche Grundlage des Konsignationslagers bestellt ist. Zurecht, denn gerade in Bezug auf die Umsatzsteuer war diese Form der Lagerung lange ein komplexes Thema, zumindest dann, wenn Waren von einem EU-Mitgliedstaat in einem anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wurden.

Inzwischen hat der Gesetzgeber aber Regelungen erlassen, die die Handhabe der Umsatzsteuer in Bezug auf Konsignationslager vereinfachen. Rechtsgrundlage hierfür ist in Deutschland §6b UStG. Die Vereinfachungsregelungen sind seit 01. Januar 2020 in Kraft.

Die Regelungen des §6b UStG lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Liegt eine Konsignationslagerung vor, verbucht das liefernde Unternehmen in seinem Heimatland (dem Land, in dem die Warenbewegung begonnen hat) einen steuerbaren Umsatz, der jedoch von der Mehrwertsteuer befreit ist. Das ist deshalb der Fall, weil es sich um eine sogenannte innergemeinschaftliche Lieferung handelt.

Der Käufer muss in seinem/ihrem Heimatland einen steuerbaren und in der Regel steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern. Eventuell besteht die Möglichkeit, die Vorsteuer aus der Erwerbssteuer abzuziehen. Das hängt aber von den nationalen Vorschriften und der Verwendung der gekauften Waren ab.

Je nach Verbringungsland gelten für Konsignationslager verschiedene allgemeine Grundsätze. Drei Beispiele stellen wir dir hier vor.

Spanien

Ein deutscher Produzent für Milcherzeugnisse fungiert als Zulieferer für eine Molkerei in Spanien. Um zu verhindern, dass die Kühlkette zu lange unterbrochen wird und weil die Produkte nur begrenzt haltbar sind, lagert der Lieferant seine Zutaten direkt beim Hersteller.

Auswirkungen auf die Umsatzsteuer:
Das Unternehmen aus Deutschland muss sich als sog. nicht-ansässiger Unternehmer in Spanien registrieren. Dafür erhält es eine spanische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Für die Verbringung seiner Waren erstellt der Produzent Proformarechnungen. Diese enthalten sowohl die deutsche als auch die spanische Ust-ID-Nummer. Eine Zahlungspflicht entsteht hierbei nicht. Das deutsche Unternehmen muss die Lieferungen jedoch vierteljährlich als sog. innergemeinschaftlichen Erwerb in seiner Steuererklärung deklarieren.

Es kann vorkommen, dass der deutsche Produzent statistische Meldungen einreichen muss. Die Rechnung an den spanischen Lebensmittelhersteller erfolgt letztlich ohne Ausweis der Umsatzsteuer. Die Steuerschuld geht durch das sog. Reverse-Charge-Verfahren auf das spanische Unternehmen über.

Italien

Wir bleiben bei unserem Milchproduzenten, der auch Hersteller in Italien beliefert. Auch hier findet das Verbringen über ein Konsignationslager auf dem Gelände des italienischen Herstellers statt.

Auswirkungen auf die Umsatzsteuer:

In Italien existiert eine Vereinfachungsregel, nach der sich das deutsche Unternehmen nicht umsatzsteuerrechtlich registrieren muss. Begründet wird dies dadurch, dass der Abnehmer der Ware von Beginn an feststeht und die Milcherzeugnisse zur eigenen Verfügung nach Italien verbracht werden. Die italienische Rechtsprechung schreibt vor, dass die Entnahme innerhalb eines Jahres erfolgen muss. Da es sich in unserem Beispiel aber um Milchprodukte handelt, deren Haltbarkeit ohnehin begrenzt ist, ist diese Vorgabe automatisch erfüllt.

Deutschland

Um ein drittes Beispiel zu veranschaulichen, drehen wir den Spieß einmal um und nehmen an, ein italienischer Produzent beliefere ein Unternehmen in Deutschland über ein Konsignationslager.

Auswirkungen auf die Umsatzsteuer

Die Betrachtung der Besteuerung erfolgt in Deutschland anhand einer zweigeteilten Sichtweise.

1.   Der Verbringung der Ware vom Zulieferer zu seiner eigenen Verfügung in das Konsignationslager.

Hierbei handelt es sich um eine in der EU steuerbare Verbringung, für die jedoch keine Umsatzsteuer anfällt, da angenommen wird, der Lieferant würde die Ware zu seiner eigenen Verfügung beim Kunden bzw. der Kundin einlagern.

2.   Die Lieferung vom Zulieferer zum Endkunden bei der Entnahme der Ware aus dem Lager.

Mit der Verbringung der Ware findet jedoch gleichzeitig ein innergemeinschaftlicher Erwerb statt. Aus diesem Grund muss sich das italienische Unternehmen in Deutschland umsatzsteuerpflichtig registrieren lassen und Vorsteueranmeldungen durchführen.

Sobald das deutsche Unternehmen die Ware aus dem Konsignationslager entnimmt, bewirkt der Zulieferer eine Inlandslieferung an seine Kundschaft. Diese Inlandslieferung ist steuerpflichtig, sodass der italienische Zulieferer verpflichtet ist, eine Rechnung zu erstellen, die die deutsche Umsatzsteuer ausweist.

Vor- und Nachteile von Konsignationslagern

Damit du einen ganzheitlichen Eindruck der Vor- und Nachteile von Konsignationslagern bekommst, differenzieren wir im Folgenden ein wenig und betrachten Abnehmer und Lieferanten separat.

Vorteile

Nachteile

Für den Abnehmer

  • Sofortige Verfügbarkeit: 
    In der Regel sind Lieferanten hoch professionalisiert und verfügen über eine automatisierte Logistik. Wenn es Produkte oder Rohstoffe gibt, die du ständig benötigst, ist ein Konsignationslager eine sichere Bank.

  • Verringerung der Eigenlagerung
    Du benötigst deutlich weniger Eigenlagerfläche, da die Ware bis zur Entnahme beim Konsignator verbleibt. Lagerst du deine Endprodukte bei deinem Lieferanten, kann der Zeitpunkt der Entnahme mit der Kommissionierung zusammenfallen und du bräuchtest gar kein eigenes Lager mehr.

  • Weniger Kapitalbindung
    Der (teilweise) Wegfall des Eigenlagers senkt auch die Kapitalbindung, denn du zahlst erst, wenn du deine Güter auch tatsächlich benötigst.

  • Geringeres Risiko: 
    Sofern der Lieferant für die Qualitätssicherung der im Lager befindlichen Waren zuständig ist, senkt sich dein unternehmerisches Risiko, da du für eventuelle Schäden bei der Lagerung nicht aufkommen musst.

  • Abhängigkeit vom Lieferanten: Entscheidest du dich für ein Konsignationslager, bindest du dich automatisch an den dafür zuständigen Lieferanten. Dieses Abhängigkeitsverhältnis birgt einige Risiken, etwa wenn dein Lieferant seine Preise anzieht. 

Für den Lieferanten

  • Gestärkte Kundenbindung: Aus einem Konsignationslager ergibt sich eine gefestigte und auf Dauer angelegte Partnerschaft.

  • Investitionsrisiken: 
    In der Regel werden die Lieferanten bei Konsignationslagern in die Pflicht genommen und mit der Sicherstellung der Qualität beauftragt. Das macht auch nur Sinn, da sie die Lagerprozesse steuern und verwalten. Als Lieferant haftest du also bei Schäden oder wenn Produkte überaltern und verfallen.

Lesetipp: Ein Konsignationslager ist nicht die einzige Möglichkeit, dein E-Commerce-Business zu automatisieren. Weitere Wege zeigen wir dir hier.

Konsignationslager einführen: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die Einführung eines Konsignationslagers läuft für gewöhnlich in diesen 6 Schritten ab.

#1 Definiere deine Artikel

Im ersten Schritt solltest du klären, welche Artikel für die Lagerung im Konsignationslager infrage kommen. Meistens handelt es sich hierbei um Teile, die besonders oft benötigt werden und bei Bedarf schnell verfügbar sein müssen. Da das Risiko beim Lieferanten liegt, könnte sich die Lagerung für verfallende Produkte, deren Bedarf schwankt, ebenfalls lohnen.

#2 Plane die Infrastruktur

Da die Lagerung bei dir vor Ort stattfindet, stellt sich die Frage, ob du überhaupt über die für die Beschaffung erforderlichen Kapazitäten verfügst. Da du ständig mit deinem Lieferanten kommunizierst und dieser die Restbestände deines Lagers jederzeit abrufen können sollte, braucht es außerdem eine leistungsfähige IT- und Software-Architektur.

#3 Lieferanten kontaktieren

Bei der Kontaktaufnahme mit Lieferanten ist es besonders wichtig, dass ihr euch über die Reichweite der Lagerung einig werdet und passende Mindest- und Höchstbestände definiert. Im Fehlerfall kann es hier zu Engpässen oder Überbeständen kommen, deshalb solltest du verlässliche Vergangenheitsdaten heranziehen, um deinen Bedarf zu bestimmen.

Da die Verpackung Einfluss auf die Lagerdauer und den Schutz der Waren haben kann, solltest du diesem Punkt ebenfalls besondere Beachtung schenken. Für die Entsorgung spielt zudem eine Rolle, ob es sich um Ein- oder um Mehrwegverpackungen handelt.

#4 Kosten-Nutzen-Analyse

Bevor du dich für die Einführung eines Konsignationslagers entscheidest, solltest du dein Reporting bemühen und eine intensive Kosten-Nutzen-Analyse durchführen und prüfen, ob sich der Aufwand auch tatsächlich lohnt. Dabei solltest du berücksichtigen, dass sich deine Kapitalbindung bei der Lagerung reduziert, da du Waren ja erst bei der Entnahme erwirbst.

#5 Finale Verhandlung

Für die finale Verhandlung mit potenziellen Lieferanten solltest du deinen Einkauf und die Logistik miteinbeziehen. Für gewöhnlich enthält ein Konsignationslagervertrag Modalitäten zu Liefermengen, Lieferzeiten, Kapazitäten, Preisen, Rücknahmebedingungen und den Umgang mit Fehlern und Mängeln. Der Zeitpunkt für den Eigentumsübergang wird ebenfalls geregelt.

#6 Kennzeichnung von Konsignationsgütern

Konsignationsgüter sollten unbedingt als solche gekennzeichnet werden, um die Vermischung mit eigenen Lagerbeständen zu vermeiden und eine Chargen-Verfolgung sicherzustellen. Idealerweise wird die Kennzeichnung vom Lieferanten durchgeführt.

Tipps für die Implementierung von Konsignationslagern

Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an: Wenn du gerade erst mit deinem Unternehmen startest und allmählich regelmäßige Verkäufe erzielst, ist der Begriff des Konsignationslagers für dich wahrscheinlich noch ein Fremdwort. Diese Form der Lagerung lohnt sich erst dann, wenn du Produkte und Rohstoffe nicht lagern kannst oder willst. Wie an anderer Stelle schon erwähnt, ist eine geplante Internationalisierung ein guter Zeitpunkt für die Einführung eines solchen Lagers. 

Fremd- und Eigenlagerung müssen sich nicht ausschließen: Wenn du bereits ein eigenes Lager führst, musst du dieses nicht zwangsläufig aufgeben, wenn deine Prozesse reibungslos funktionieren – eine Mischform zwischen Eigenlagerung und Fremdlagerung in Form eines Konsignationslagers ist ebenso möglich. Du solltest abwägen, ob sich für die eigene Lagerfläche ein gesundes Verhältnis aus Kosten und Nutzen ergibt, wenn du zusätzlich ein Konsignationslager einrichtest.

Wähle deinen Lieferanten genau aus: Verträge über die Nutzung eines Konsignationslagers sind in der Regel für lange Laufzeiten ausgelegt. Damit du hier keine bösen Überraschungen erlebst, solltest du deine Konsignatoren genau auswählen und genügend Zeit für die Suche einplanen. Idealerweise hast du bereits Erfahrungen mit dem Lieferanten gesammelt, mit dem du dich auf ein solches Geschäft einlässt.

Führe eine Lagerverwaltungssoftware ein: Dass du die Lagerung deiner Waren in die Obhut eines Dritten gibst, sollte nicht heißen, dass dir daraus ein blinder Fleck entsteht. Sofern noch nicht geschehen, solltest du eine Lagerverwaltungssoftware implementieren. Mit dieser kannst du sowohl eigene als auch Fremdlager überwachen und behältst die Bestände bei deinem Lieferanten jederzeit im Blick.

Fazit

Ein Konsignationslager bietet Abnehmern eine Reihe praktischer Vorteile. Dankenswerterweise hat das auch der Gesetzgeber erkannt und die Regelungen zur Umsatzsteuer bei Konsignationslagern vereinfacht. Die Frage, ob sich ein solches Lager auch für dein Unternehmen lohnt, hängt davon ab, ob die Vorteile insgesamt die Tatsache überwiegen, dass du dich auf längere Zeit an einen Lieferanten bindest. 

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Elisabeth Büschler
Sie begeistert sich für innovative Brands und Content – und ist deshalb bei Xentral mit seinen mehr als 1.700 Startups und KMU goldrichtig. Ihr Antrieb ist es, die Xentral-Community mit hilfreichen Inhalten auf das nächste Business Level bringen.

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